An ihm werden die deutschen Spieler vorbei müssen, um ins WM-Achtelfinale zu kommen: Costa Ricas Torwart Keylor Navas (l.), neben ihm Mittelfeldspieler Celso Borges
Quelle: reuters
Im entscheidenden Spiel der Gruppenphase trifft Deutschland auf Costa Rica (Donnerstag, 20 Uhr/ARD). Die Mittelamerikaner stechen bei dieser WM statistisch heraus, allerdings nicht im positiven Sinn. Kein Teilnehmer sammelte bisher weniger Ballbesitz, niemand schoss seltener in Richtung Tor. Nur ein Schuss ging tatsächlich auf das Tor: Keysher Fullers Siegtreffer beim 1:0 gegen Japan.
Kompaktheit das oberste Ziel
Costa Rica konzentriert sich ganz auf die Defensive. Die gesamte Mannschaft zieht sich in die eigene Hälfte zurück. Der Gegner darf den Ball haben. Ihr Ziel ist es, durch ihre Raumdeckung Pässe in die Spitze zu verhindern.
Gegen Spanien kassierten sie trotzdem sieben Gegentreffer. Die Spanier knackten das costa-ricanische 4-4-2-System über die Halbräume: Die Außenstürmer postierten sich zwischen Innen- und Außenverteidiger. Die Abstimmung innerhalb Costa Ricas Viererkette stimmte nicht.
Systemumstellung nach der Spanien-Schmach
Trainer Luis Fernando Suárez stellte nach der historischen Pleite um. Gegen Japan opferte er einen Stürmer, um in der Abwehr eine Fünferkette herzustellen. Costa Ricas neu formiertes 5-4-1 war noch passiver als ihr übliches 4-4-2.
Der Fünferkette gelang es wesentlich besser, die Schnittstellen zwischen Innen- und Außenverteidiger zu schließen. Doch sattelfest stand auch die neue Abwehr nicht. Japan gelang es einige Male, die Außenverteidiger herauszuziehen und anschließend den Ball auf die Außen zu spielen. Viele dieser Aktionen scheiterten an der Passgenauigkeit der japanischen Spieler. Deutschland wird diese Flügelangriffe besser ausspielen müssen.
Offensive: Joel Campbell und das große Nichts
Die Offensive der Costa-Ricaner war bisher kaum zu sehen. Die älteste Elf des Turniers (Altersschnitt gegen Japan fast 31 Jahre) lässt es auch nach Ballgewinnen ruhig angehen. Vorne lauert in Anthony Contreras nur ein Angreifer. Er bekam nur selten Bälle.
Schlüsselspieler der Offensive ist Joel Campbell. Gegen Spanien startete er im Sturm, gegen Japan auf dem linken Flügel. Er kann auch Rechtsaußen spielen. Campbell lässt sich häufig fallen und bietet sich für Zuspiele der Abwehrspieler an. Fast jeder Angriff läuft über ihn. Doch auch er kann offensiv wenig ausrichten angesichts der Tatsache, dass die Costa-Ricaner nie mit mehr als drei Spielern angreifen.
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Maik Rosner, Doha
DFB-Elf braucht Geduld und abgestimmte Bewegungen
Es wird vor allem das Ballbesitzspiel der deutschen Mannschaft gefragt sein, um den passiven Gegner zu knacken. Geduld wird ein wichtiger Faktor: Da Costa Rica immer wieder in eine kompakte 5-4-1-Ordnung zurückkehrt, wird Deutschland viele Anläufe benötigen, um Tiefe zu finden.
Die deutsche Sturmreihe muss in Bewegung bleiben, um die Abwehr zu beschäftigen. Costa Rica schließt die Räume zwischen Abwehr und Mittelfeld, indem sich die Verteidiger an ihre Gegenspieler heften und die Abwehrlinie verlassen. Deutschland muss Verteidiger herausziehen und sofort freiwerdende Räume besetzen. Mit schnellen, flachen Kombinationen durch den Halbraum hatte Costa Rica bereits gegen Spanien Probleme.
Füllkrugs Einsatz wahrscheinlich
Nicht immer wird der Weg durch das Zentrum möglich sein, gerade wenn die kompakte Fünferkette passiv bleibt. In dem Fall wird Deutschland den japanischen Weg gehen müssen: mit schnellen Kombinationen die gegnerischen Außenverteidiger herausziehen, den Ball an die Grundlinie spielen und anschließend flanken.
Niclas Füllkrug dürfte als Abnehmer im Strafraum ein Kandidat für die Startelf sein. Entscheidend könnten auch Standardsituationen werden. Gegen die tiefstehenden Costa-Ricaner dürften sich die Deutschen viele Eckbälle erarbeiten.
Die DFB-Auswahl trifft erst zum zweiten Mal auf Costa Rica. Das bisher einzige Duell gab es zum Auftakt des Sommermärchens 2006. Die WM-Gastgeber feierten damals in München einen 4:2-Erfolg. Miroslav Klose (2), Philipp Lahm und Torsten Frings trafen.
Für Bundestrainer Hansi Flick ist es das 19. Länderspiel seiner Amtszeit. Seine positive Bilanz bisher: zehn Siege, sechs Unentschieden, zwei Niederlagen, 48:15 Tore.
Manuel Neuer steht vor seinem 19. WM-Spiel. Er würde damit Sepp Maier und den Brasilianer Claudio Taffarel überflügeln.
Leroy Sané könnte gegen Costa Rica sein 50. Länderspiel bestreiten. Der 26-jährige Bayern-Profi debütierte in der Nationalmannschaft am 13. November 2015 beim 0:2 in Paris gegen Frankreich. Damals spielte er noch für Schalke 04 und wurde für Julian Draxler eingewechselt.
Nico Schlotterbeck wird am Spieltag 23. Gegen Japan stand der Dortmunder Abwehrspieler in der Startelf, gegen Spanien wurde er spät eingewechselt.Gegen Costa Rica wäre es sein neuntes Länderspiel.
Die Französin Stephanie Frappart leitet als erste Frau ein Spiel bei einer Männer-WM. Die 38-Jährige pfiff als erste Frau bereits in der französischen Ligue 1, der Champions League und der WM-Qualifikation.
Die Begegnung findet wie schon das Spiel gegen Spanien im Al-Bayt-Stadion in Al-Khor statt. Die Arena bietet knapp 70.000 Zuschauern Platz.
Auf Torwart Navas ist Verlass
Der härteste Gegner der Deutschen findet sich im costa-ricanischen Tor: Keylor Navas von Paris Saint-Germain hielt in der nordamerikanischen Qualifikation mehr Schüsse als jeder andere Torwart. Deutschland wird Chancen bekommen. Aber sie werden sie besser verwerten müssen als an den ersten beiden Spieltagen, um das Achtelfinale zu erreichen.
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Frank Hellmann, Doha